Einheitskasse wäre fatal

Eine staatliche Einheitskasse sei günstiger, einfacher und transparenter als das heutige System mit rund 60 Krankenversicherungen – das behaupten die Befürworter der SP-Initiative. Sie liegen falsch.

1. Verwaltungskosten sinken nicht

Die Verwaltungskosten der Krankenversicherer machen rund 5 Prozent der Prämien aus. Bei keiner anderen Sozialversicherung der Schweiz liegen sie so tief. Zum Vergleich: Suva 11,3 Prozent, Arbeitslosenversicherung 9,2 Prozent. Ob privat oder staatlich, die Kostentreiber bleiben gleich: höhere Patientenansprüche, medizinischer Fortschritt sowie die immer älter werdende Gesellschaft. Zudem funktioniert das heutige System schuldenfrei, im Gegensatz zur IV oder zu staatlichen Gesundheitssystemen im Ausland, etwa in Frankreich. Denn staatliche Kassen neigen dazu, die Prämien unter politischem Druck zu tief festzulegen – Erhöhungen sind nicht populär. So wird der Staat zwangsläufig medizinische Leistungen der Grundversicherung einschränken. Pech, wer sich keine Zusatzversicherung leisten kann.

2. Werbeausgaben werden überschätzt

Im Jahr 2011 gaben die Versicherer gemäss Bundesamt für Statistik lediglich 0,3 Rappen pro Prämienfranken für Werbung und Marketing aus. Zudem werden sie grösstenteils aus dem Zusatzversicherungsgeschäft finanziert. Hingegen fordert der Wettbewerbsdruck die Versicherer, kundenorientiert zu arbeiten und möglichst gute Leistungen zu attraktiven Prämien anzubieten; sie handeln mit den Leistungserbringern Preise und Angebote aus. Ohne Konkurrenz fehlt der Anreiz für Innovationen und Effizienz, die Kosten steigen – und somit auch die Prämien.

3. Adieu Wahlfreiheit

Die Monopolkasse raubt die Wahlfreiheit – zwischen Anbietern und Modellen wie auch bei den Leistungen, wie das Beispiel Suva zeigt. Diese bestimmt, was medizinisch nötig ist, und nimmt dadurch Einfluss auf die Behandlung. Wenn der Staat auch für die Versicherung verantwortlich ist, wird seine Rolle erdrückend. Er definiert, wer als Leistungserbringer zugelassen ist, welche Leistungen bezahlt werden und wie viel diese Leistungen kosten.

4.Prämien werden steigen

Günstigere Versicherer und alternative Versicherungsmodelle werden verschwinden. Deshalb wird es für viele Versicherte markant teurer. Die Einheitskasse vereinheitlicht zudem die Prämien innerhalb eines Kantons. Also gäbe es einen Ausgleich zwischen den heute höheren städtischen und den tieferen ländlichen Prämien. Rund 50 Prozent der Versicherten müssten so höhere Prämien zahlen, ohne dass sie einen besseren Versicherungsschutz hätten.

5. Transparenter geht nicht

Im Gesundheitswesen gibt es keinen anderen Akteur, der so viele Daten offenlegen muss wie die Krankenversicherer. Der Wettbewerb sorgt ebenfalls für Transparenz und wirkt sich

positiver auf die Preise aus als die vermeintliche Marktmacht einer Monopolistin, die ihre Macht auch missbrauchen könnte.

6. Umstellung kostet Milliarden

Riesige Staatsgebilde sind erfahrungsgemäss weder effizient noch kundenorientiert. Die Versicherten müssen sich zwar nicht mehr zwischen Angeboten entscheiden – vieles wird jedoch komplizierter und teurer. So macht die Trennung von Grund- und Zusatzversicherung mehr Administration nötig. Wer in einen anderen Kanton zieht, muss zwingend die Kasse wechseln. Und was passiert mit den Reorganisationskosten in Milliardenhöhe, um aus 60 Privatunternehmen 26 staatliche Anstalten zu gründen?

7. Vergleich mit Suva hinkt

Suva und Krankenversicherer unterliegen verschiedenen Gesetzgebungen. Ihre Aufgaben und Leistungen lassen sich nicht vergleichen. Beispielsweise stellt die Suva dem Patienten eine Behandlung zur Verfügung und steuert so die Kosten. Für die Krankenversicherer hingegen gilt das Kostenerstattungsprinzip. Das heisst, sie vergüten die Kosten der Leistungserbringer, inklusive freier Arzt- oder Spitalwahl ihrer Kunden.

8. Risikoausgleich dank Reformen

Mit der Initiative soll die Jagd nach guten Risiken gestoppt werden. Dass es eine Lösung für die sogenannte Risikoselektion geben muss, darüber sind sich alle einig. Es gibt jedoch ein weit besseres Mittel dafür: den verfeinerten Risikoausgleich. Mit ihm erleiden Krankenversicherer, die Kunden mit hohen Krankheitsrisiken versichern, keinen finanziellen Nachteil. Eine entsprechende Gesetzesrevision ist geplant und hat eine gute Chance, bald vollzogen zu werden.

9.Reserven weiterhin nötig

Die Krankenversicherer sind gesetzlich verpflichtet, Reserven für unvorhergesehene Kosten anzulegen. Allfällige Überschüsse bleiben innerhalb der obligatorischen Krankenversicherung. Auch die Einheitskasse kann nicht auf Rücklagen verzichten. Es liegt nahe, dass sie deren Höhe ebenfalls anhand der Risiken berechnet und die Reserven deshalb nicht sinken. -Andernfalls verschuldet sich das heute finanziell gesunde System. Eine schwere Hypothek für kommende Generationen, die schon bei der Altersvorsorge stark belastet wird.

10. Behandlungsqualität für alle

Die Einheitskasse soll laut Initianten wieder die Behandlungsqualität in den Vordergrund stellen und sich besser um chronisch Kranke kümmern. Das tun viele Krankenkassen heute schon, etwa mit persönlicher Fallbegleitung und Kursangeboten. Die Versicherer sind aufgrund des Wettbewerbs interessiert, durch spezielle Programme chronisch Kranke möglichst gut und effizient zu behandeln. Eine Einheitskasse hat aus Kostengründen eher den Anreiz, Gesundheitsleistungen zu rationieren – es droht eine Zweiklassenmedizin, befürchtet auch Bundesrat Alain Berset.

Wann stimmen wir ab?

Der Bundesrat lehnt die Initiative ab und hat einen Gegenvorschlag erarbeitet. In diesen Tagen diskutieren die Parlamentarier darüber. Die Initiative kommt frühestens im Herbst 2014 zur Abstimmung.